Story zu GS 133
Mit
Rucksack am Rücken und Rex im Schlepptau waren wir wieder einmal auf der Suche
nach einem neuen „Patch“ in der „Seven Mile“ Gegend, nur
etwa eine halbe Stunde Nordöstlich von Clermont. Während wir uns langsam in
Richtung der gleichnamigen „Seven Mile Lease“ über Hügel und durch kleine
trockene Bachläufe vorarbeiteten, nahm die Temperatur stetig zu und erinnerte
uns daran dass wir unsern Lebensunterhalt auf dem trockensten Kontinent der
Erde verdienten. Der Sommer war zwar noch in seinen Kinderschuhen aber die
Sonne lies es sich trotzdem nicht nehmen die staubtrockene, mit knorrigen,
verkrüppelten Bäumen bewaldete Landschaft in einen Brutofen zu verwandeln. Von
dem Moment als der Leben spendende Stern wie ein Feuerwerk über den Horizont
klomm und den Himmel mit einer schon fast kitschig erscheinende Farbenpracht
bemalte, fing die Temperatur mit einer Geschwindigkeit an zu steigen die uns
fast den Atem nahm. Schon lange vor der Mittagszeit verstummte die unter der
grossen Hitze geknechtete Landschaft zu einer fast gespenstischen Stille. Wie
die Schläge eines riesigen Hammers prallte die Hitze auf den Eisenhaltigen
Boden und wurde von den vielen weissen Quarzfragmenten reflektiert. Das einzige
was sich hier draussen noch zu bewegen schien, waren zwei verrückte von
Goldfieber motivierte Schweizer mit ihrem australischen „Blue Heeler“ Hund
und Tausende „Bush Flies“
(Buschfliegen). Die Metalldetektoren langsam schwingend wanderten wir kreuz und
quer durch die knochentrockene, braune Landschaft die uns immer wieder aufs
neue zu faszinieren vermag. Kurz vor 10Uhr erreichten wir die mit roten
Kunststoffbändern markierte Grenzlinie der „Mining Lease“. Da wir registrierte
Schürfstellen immer respektieren, blieben wir ausserhalb der Lease und nahmen
das umliegende Terrain unter die Suchscheiben unserer Minelab Detektoren.
Überall waren Anzeichen vorhanden, dass auch die „Oldtimer“ dieser Gegend
besondere Aufmerksamkeit geschenkt hatten. Kleine „Gullys“, Erosionsrinnen und
der dazwischen liegende Boden waren stark umgewühlt worden. Die vielen „Mullock
Heaps“ (aufgeworfene Dreckhaufen) gaben der Landschaft einen Mondoberflächen
Charakter. Nachdem wir ein Basiscamp an einem schattigen Ort unterhalb der
senkrecht abfallenden Bank eines trockenen Rinnsals etabliert hatten, fingen
wir an ernsthaft zu suchen. Auf einem Hügelrücken genau neben der Grenzlinie
entdeckte ich einen Platz an dem jemand vor nicht allzu langer Zeit einen
kleinen „Patch“ (ein stück Boden an dem sich Gold über die Millennien
angesammelt hat) entdeckt hatte.
Es
war deutlich zu erkennen dass hier aufgeräumt wurde und mehrere offene Löcher
wurden zurückgelassen aus denen vermutlich Nuggets geborgen wurden. Da ich noch
nichts vielversprechendes entdeckt hatte, entschied ich mich die Sache etwas
genauer unter die Lupe (oder besser gesagt, unter die Suchscheibe) zu nehmen.
Obwohl ich nicht gerne hinter anderen Goldsuchern herlaufe und mich mit den
zurückgelassenen Krümelchen zufrieden gebe, tue ich es trotzdem manchmal. Es
kann sehr aufschlussreiche Informationen liefern über die Grösse, Art und Tiefe
des Goldes und es gibt auch hinweise zu den Fähigkeiten der Person die einem
zuvorgekommen ist. Ganz abgesehen davon ist es manchmal noch sehr ertragreich.
In diesem Fall kam ich zur Erkenntnis dass das Gold meist noch im Quarz steckte
und nicht weit gewandert war. Es war häufig noch sehr rau, und fast ohne Abnützungsspuren. Auch wurde
klar dass trotz dem betriebenen Aufwand des Aufräumens, nicht sehr sorgfältig
gearbeitet wurde. Ich fand mehrere schöne kleine Goldstückchen die zwar sehr
tief im trockenen Erdreich lagen aber trotzdem ein meist leises, eindeutiges
Signal von meiner Suchmaschine lockten.
Nach
weniger als einer Stunde hatte ich über eine halbe Unze Gold in meiner
Hosentasche und ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht. Aber das angereicherte
stück Boden war nur sehr klein, etwa 6m bei 8m und somit kam der Spuck zu einem
schnellen Ende. Da genau unterhalb eine kleine Menge Grabungen der „Oldtimer“
evident war, arbeitete ich mich langsam in deren Richtung fort, in der Hoffnung
dass sich in dem dazwischen liegenden Boden ein paar Nuggets versteckten die
meinen Namen trugen. Dem war aber leider nicht so. Auch in den alten „Mullock
Heaps“ konnte ich weder Gold noch die üblich vorhandenen rostigen Nägel und
andere metallene Überbleibsel der früheren Goldschürfer finden. Die
aufgeworfenen Dreckhaufen verliefen genau auf der Kannte der sehr steil
abfallenden Uferbank des trockenen Bachs in dem wir unsere Rucksäcke deponiert
hatten. Dieser Abhang war ungefähr 25m lang und 10m breit. Weiter unten viel
der Boden für ungefähr 3m senkrecht ab. Da ich mir nicht unbedingt das Genick
brechen wollte, nahm ich den langen und bedeutend weniger steilen weg hinunter
zu unserem Basiscamp im Bach. Da der steile Abhang uns noch einen schmalen
Streifen Schatten spendierte, gruben wir zwei tiefe Mulden in den, weiter unten
noch leicht feuchten Sand. Anschliessend setzten wir uns dann da hinein und
deckten unsere Beine und den halben Oberkörper mit dem kühlenden Sand zu. Es
war eine monströse Hitze. Wir konnten nichts Essen und das Wasser in unseren
Flaschen war auch bald am kochen. Somit hielt sich die Erfrischung durch
trinken auch in schmalen Grenzen. Das Hitzeflimmern der Luft gab den Eindruck
als ob die Büsche und Bäume um uns herum die ganze Zeit in Bewegung wären. Es
schien als ob sie es auf dem heissen Boden nicht mehr aushalten könnten und von
einem Fuss (Wurzel) auf den anderen hüpften. Sogar den Fliegen schien es zu
viel zu werden und sie setzten sich auf irgend einen entblössten Körperteil und
bewegten sich nicht mehr. Wir bedeckten unsere Gesichter mit den Hüten um die
schwarzen Plaggeister von Nase, Augen und Mund fern zu halten und genossen eine
lange wohlverdiente Siesta. Was für eine Wohltat es war, sich einfach nicht
mehr zu bewegen und vor sich hin zu dösen. Nach ungefähr einer Stunde machte
sich aber der Hunger dann doch bemerkbar und wir vertilgten jeder ein Sandwich
und einen Apfel. Auch das Wasser in unseren im Sand eingegrabenen Flaschen
hatte inzwischen eine etwas weniger extreme Temperatur angenommen und die
Gefahr sich den Mund beim trinken zu verbrennen war für den Moment gebannt.
Während
ich so da lag und mir die sich ständig in Bewegung scheinende Umgebung
betrachtete, traf es mich plötzlich wie ein Blitz. Warum hatte ich dass den
nicht schon vorher gesehen. Die Sonne muss angefangen haben mir meine zwei
letzten verbliebenen Hirnzellen zu verdampfen. Und glauben sie mir, meine
Graumasse im Kopf ist sich nicht gewohnt durch eine von mir getätigte Aktivität
überaus strapaziert, geschweige denn noch überhitzt zu werden. Es ist dem Leser überlassen
mir dies zu glauben oder nicht. Kommentare zu diesem Thema sind aber weder erwünscht
noch verursachen sie dass der Kommentator in meinem Nachlass berücksichtigt und
zu positiver Erwähnung kommt.
Ich
starrte also den steilen Hang über uns hinauf und sagte zu Rolf: „Ich kann mir
nicht vorstellen dass die „Oldtimer“ genau auf der Kannte dieses steilen Hangs,
Gold gefunden haben und nichts hat sich auf den Weg nach unten in Richtung Bach
gemacht. Und es würde mich nicht wundern wenn noch niemand mit einem
Metalldetektor diese stark abfallende Böschung unter die Suchscheibe genommen
hat. Vermutlich haben die meisten Leute genau das selbe gemacht wie ich. Einen
Blick nach unten und nein danke ich nehme den einfacheren Weg.“
Und
vorbei war es mit der Mittagsruhe. Da muss doch! Es könnte ja! Und überhaupt
warum nicht! Ich schnallte meinen Gürtel mit Wasserflasche, Batterie, GPS und
Spitzhacke um und machte mich wieder an die Arbeit. Mein Tatendrang liess mich
die Hitze und alle Fliegen die das Universum beherbergte mit einem kühlen
lächeln ignorieren. Hitze. Welche Hitze? Fliegen. Welch Fliegen? Was sind schon
47°C im Schatten und ein paar Millionen Fliegen wenn das Gold lockt? Nichts,
sage ich. Nichts!
Wieder
oben angekommen, schaute ich nach unten und sah wie eine glänzende Idee langsam
an Glanz verlor. Steigeisen, Seil und Eishacke währen hier nicht fehl am Platz.
Aber Gold ist ja bekanntlich da wo man es findet und ich hatte ein gutes
Gefühl. Nun ja, bei dem sich mir bietenden Anblick ist es wohl ein bisschen
übertrieben von gutem Gefühl zu sprechen. Sagen wir mal, dass ich milde
zuversichtlich war das ganze lebend und mit meist heilen Knochen zu überstehen.
Was man nicht alles tut für ein bisschen Gold. Aber was konnte schon passieren.
Ich war ja noch jung und kugelsicher. Also fing ich an parallel mit dem verlauf
der Böschung Linien zu ziehen. Hört sich einfach an, war aber bei leibe nicht
so. Der Schwung nach unten war kein Problem aber die retour Bewegung nach oben
hatte es in sich. Nach nur drei vervollständigten Durchgängen fühlte sich mein
Arm an als ob er mit Blei gefüllt wäre. Der Boden war so steil, lose und rutschig,
dass ich immer wieder kleine Vertiefungen graben musste für meine Füsse. Aber
halbwegs durch die vierte Reihe dann ein Erfolg. Ein leises Signal aus meinen
Kopfhörern kündigte das erste Nugget an. Ein wunderschöner fünf Grämmer.
„Yessss. Hab ich’s doch gewusst.“ Dachte ich mir. Der nächste Durchgang brachte
noch ein halb Gramm Nugget und dann war Schluss. Durch Reihe um Reihe plagte
ich mich ohne weitere Erfolge. Die wenigen Signale die ich bekam wurden
allesamt von rostigem Eisen oder Blei Projektilen verursacht. Zeugen einer
längst vergangenen Ära.
Die
Sonne brannte unerbärmlich auf diesen elenden Hang und wie weiter runter ich
kam desto steiler wurde das Gefälle. Ich fing langsam an zu hoffen, dass ich
keine weiteren Signale mehr kriegen würde, denn das Graben wurde langsam ein
Ding der Unmöglichkeit. Alles war am rutschen, den Detektor konnte ich nicht
mehr hinlegen ohne dass er sich selbstständig machte und die Gravität von
Mutter Erde saugte an meinem weit ins nichts ragende Hinterteil wie ein Kleinkind
an einem Schnuller. Und um das ganze Vergnügen noch abzurunden, hatten die
abscheulichen Fliegen ihre Trinklust wieder entdeckt. In Absenz von
unbeschäftigten körperlichen Extremitäten meinerseits, war ich ihnen hilflos
ausgeliefert und sie machten das beste daraus. Während ich durch einen Albtraum
lebte, hatten diese Mistviecher einfach nur Party. Erstaunlich wie sich
Ansichten in kürzester Zeit verändern können. Ich wollte einfach nur noch weg
von diesem Steilhang. Da das Wort
„Aufgeben“ in meinem Vokabular aber nicht vorkam zog ich eine Ruhepause in
betracht. Nachdem ich einen Blick Hang aufwärts geworfen hatte verging mir die
Lust auf Erholung aber gänzlich. Lieber weiter leiden und die Sache hinter mich
bringen als da rauf klettern und anschliessend wieder zurück müssen. Zum Glück
musste ich nur noch vier mal hin und her laufen und meine Gebete schienen
erhört worden zu sein, denn ich musste kein einziges Signal mehr graben, bis
ich den letzten Durchgang in Angriff nahm. Zu diesem Zeitpunkt war ich nur noch
ungefähr einen Meter fünfzig oberhalb der senkrecht abfallenden Klippe. Ich
konnte den Detektor bis über den Rand des Steilhangs schwingen und dies
erfüllte mich mit Zuversicht dass diese Tortur zu einem baldigen Ende kommen
würde.
Aber
schon der dritte Schwung meiner Suchscheibe produzierte ein extrem lautes
Signal fast genau auf der Kante der senkrechten Bank. Es war mir klar dass es
sich hier um ein grösseres Stück Metall handeln musste, dass vermutlich an der
Oberfläche im Laub lag. Ich war im begriff es einfach in den Bach zu schubsen
um es nachher zu holen. Da aber unsere Rucksäcke genau unterhalb im Sand lagen
entschied ich mich das Hufeisen oder was immer es war samt Laub mit der
Spitzhacke nach oben zu ziehen. Der Versuch schlug aber fehl da das Signal
verursachende stück Metall tatsächlich im Boden steckte und nicht einfach an
der Oberfläche lag. Ich parkierte meinen rechten Fuss knapp unter die Stelle an
der ich das Eisen vermutete, und fing an zu graben. Da ich absolut sicher war
dass es sich nur um ein rostiges stück Metall handelte, nahm ich keine
Vorsicht. Ich war zu beschäftigt nicht kopfüber in den Bach zu fallen. Um so
grösser war dann auch mein erstaunen als ich nach dem dritten oder vierten
Schlag mit der Spitzhacke etwas gelbes in Richtung Fuss kullern sah. „Na so
was. Wenn haben wir denn da.“ Sagte ich zu mir. (Selbstgespräche in dieser
Hitze. Ob das wohl ein Zeichen ist, dass man sich in den Schatten begeben
sollte? In Absenz eines Gesprächpartners tue ich dies manchmal. Die Unterhaltungen
sind zwar intellektuell nicht sehr stimulierend aber ich muss mir auch keine
Wiederreden gefallen lassen oder intelligenter erscheinen als ich eigentlich
bin. Und das hat ja auch seine guten Seiten.) Wo waren wir denn gleich? Ach ja,
da lag also dieses gelbliche Ding fast auf meiner Fussspitze und ich traute
meinen Augen kaum. Da ich es mit der Hand nicht erreichen konnte ohne einen
Kopfsprung in den furztrockenen Bach zu riskieren, zog ich es mit der flachen
Seite der Spitzhacke vorsichtig zu mir hin. Rolf beobachtete mich mit einem
etwas amüsierten oder vielleicht eher bewilderten Gesichtsausdruck von der
gegenüber liegenden „Ridge“. Vermutlich machte ich eine etwas komische Figur in
diesem Steilhang. Aber das war mir ja so was von egal. Denn als ich den Klumpen
vom Boden aufhob und das Gewicht in meiner Hand fühlte, hätte ich Luftsprünge
machen können. In Anbetracht meiner etwas Prekären Lage, entschied ich mich
aber wohl weislich dagegen und ging einfach nur innerlich komplett Bananas.
86 Gramm wog das Ding und
der überwiegende Grossteil davon ist Gold. „Wow“, dachte ich mir. „Es hat schon
seine Vorteile wenn man einige Ziegen Gene in sich hat. (Ich bin geboren im
Sternzeichen Steinbock) Ob hier in der Nähe wohl noch so ein Kamikazehang ist
an dem ich meine neue Erfolgsstrategie ausprobieren könnte?“
Die
Moral der Geschichte lautet wohl: „Gehst du den einfachen Weg, stapfst du in
den Fussstapfen anderer Leute. Gehst du den Steilen Weg, läufst du Gefahr dir
das Genick zu brechen.“ Ich habe heraus gefunden was mehr Spass macht. Es
erklärt sich wohl von selbst dass diese Erfahrung einen grossen Einfluss hatte
auf unsere Arbeitsweise beim suchen dieses edlen Metalls. Ich konnte zwar keine
weiteren Erfolge mehr verbuchen an diesem Tag, aber weder die Hitze noch die
Fliegen konnten mir danach noch etwas anhaben. Auch Rolf hatte einen sehr guten
Tag mit über einer Unze gefundenem Gold in seiner Hosentasche.
„What
a day, what a life“ (Was für ein Tag, was für ein Leben.)
PS:
Da die nächsten Tage noch mehr Überraschungen für uns bereit hatten, muss ich
wohl noch eine Fortsetzung schreiben. Ich bleibe dran. Sollte es Sie
interessieren, so schauen Sie doch hin und wieder bei uns rein.
Wir
wünschen viel Erfolg auf der Jagd nach dem Gelben Metall.